Kölner Forum gegen Rassismus und Diskriminierung
Das „Kölner Forum gegen Rassismus und Diskriminierung“ ist ein Bündnis von Organisationen, die sich gegen Rassismus und Diskriminierung und für Chancengleichheit aller Kölner*innen engagieren. Es wurde im Jahr 2009 von Nichtregierungsorganisationen, städtischen Dienststellen und weiteren Organisationen gegründet.
Rassismus und Diskriminierung gehören zum Alltag der Gesellschaft. Daher ist die Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung in jedweder Form – so auch in institutioneller und struktureller Ungleichbehandlung – eine dauerhafte gesellschaftliche Herausforderung. Dies ist eine kommunale Querschnittsaufgabe und damit wichtige Aufgabe für Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft in Köln.
Das „Kölner Forum gegen Rassismus und Diskriminierung“ entwickelt Vorschläge, Initiativen und Projekte zur Information und Aufklärung der Bevölkerung sowie zur Beseitigung und Verhinderung von Rassismus und Diskriminierung.
Geschäftsordnung des Kölner Forums gegen Rassismus und Diskriminierung
SAVE THE DATE!
Veranstaltungsreihe des Kölner Forums anlässlich des Internationalen Tags gegen Rassismus am 21.03.2025
Dieses Jahr lautet das Motto „Menschenwürde schützen“.
Auch in diesem Jahr veranstaltet das Kölner Forum gegen Rassismus und Diskriminierung und seine Mitgliedsorganisationen anlässlich des Internationalen Tags gegen Rassismus am 21. März eine Vielzahl von Programmpunkten vor Ort in verschiedenen Stadtteilen Kölns aber auch online. Mach mit!
Weitere Informationen zu den Veranstaltungen und einzelnen Programmpunkten unter: „Aktuelles“.
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STELLUNGNAHME:
Stellungnahme zur geplanten Haushaltskürzung des Landes NRW für 2025 des Kölner Forum gegen Rassismus und Diskriminierung
Die geplanten Kürzungen im Haushaltsentwurf 2025 der Landesregierung Nordrhein-Westfalen (NRW) in Höhe von 83 Millionen Euro im sozialen Sektor werfen für die folgenden Jahre schwerwiegende Fragen auf, insbesondere in Bezug auf ihre Auswirkungen auf marginalisierte und diskriminierte Gruppen. Das Kölner Forum gegen Rassismus und Diskriminierung zeigt sich solidarisch mit allen Demonstrierenden, die sich NRW – weit für den Erhalt und die Ausweitung von Haushaltsmitteln für den sozialen Sektor einsetzen. Wir positionieren uns klar, mit den mehr als 30.000 Demonstrierenden vom 13. November 2024, gegen den drohenden Ressourcenverfall.
Das Kölner Forum gegen Rassismus und Diskriminierung wurde im Jahr 2009 gegründet als unabhängiges Bündnis von Nichtregierungsorganisationen, städtischen Dienststellen und weiteren Einrichtungen, die sich seit vielen Jahren gegen Diskriminierungen und Rassismen stadt- und landesweit engagieren. Das Forum bildet eines der wichtigsten Organe gegen Rassismus und Diskriminierung in Köln. Die einzelnen Organisationen des Forums arbeiten in sehr unterschiedlichen Bereichen und umfassen als Expert*innen die große Bandbreite der Thematik Rassismus und Diskriminierung wie kein anderes Gremium der Stadt Köln. Dem Kölner Forum gehören aktuell 24 Mitgliedsorganisationen und 4 städtische außerordentliche Mitglieder
an.
Das Kölner Forum gegen Rassismus und Diskriminierung macht es sich zur Aufgabe mit seiner fachlichen Expertise, Diskriminierungen innerhalb der Stadtgesellschaft aufzuzeigen, zu benennen und abzubauen. Hierzu gehört auch das kritische Hinterfragen und Begleiten städtischer Maßnahmen sowie das Entwickeln eigener Vorschläge, Initiativen und Projekte mit dem Ziel der Förderung und des Ausbaus der Antidiskriminierungsarbeit, der Aufklärung der Bevölkerung und im Hinblick auf die Beseitigung und Verhinderung von Benachteiligungen diskriminierungserfahrener Menschen, die überwiegend nicht der Mehrheitsgesellschaft zugeordnet sind. Darüber hinaus war und ist es dem Kölner Forum ein Anliegen, all diejenigen Stimmen Kölns zu stärken, die sich gegen Diskriminierung, ob ableistische, queerfeindliche, sexistische oder auch altersdiskriminierende Handlungen (u.a.), Alltagsrassismus und rechte
Gewalt einsetzen.
1. Auswirkungen auf benachteiligte Gruppen und soziale Teilhabe
„[…] Nach Artikel 20 und 28 des Grundgesetzes ist der deutsche Staat ein demokratischer und sozialer Bundes- und Rechtsstaat. Das bedeutet, dass sich der Gesetzgeber in der Bundesrepublik auch um soziale Gerechtigkeit und die soziale Sicherheit der Bürger kümmern muss. […]“ so die Definition, wenn man Sozialstaat auf der Website des Deutschen Bundestages nachschlägt.
Kürzungen im sozialen Bereich treffen immer auch zuerst diejenigen, die in unserer Gesellschaft als am stärksten stigmatisiert sind u.a. Menschen mit Migrationsgeschichte und People of Colour (NRW-weit 31,1%), geschlechtlich vielfältige Menschen und LSBT*I*QA+ Personen (alleine in Köln 10,7%), Menschen mit körperlichen und geistig unterschiedlichen Fähigkeiten (10,7% in NRW mit Schwerbehinderungsausweis), Menschen aus sozial benachteiligten Verhältnissen (Armutsgefährdungsquote in NRW von 18,3%) und ältere Menschen (22% der Population in NRW).
Wir sehen also, diese Themen gehen uns alle etwas an und wissen ebenso, die genannten Gruppen sind besonders auf öffentliche Mittel angewiesen, um Zugang zu Integrations-, Bildungs- und Antidiskriminierungsmaßnahmen zu erhalten. Ein Rückzug der Mittel aus diesen Bereichen wird dazu beitragen, bestehende Ungleichheiten weiter zu verstärken und die soziale Teilhabe nicht nur massiv erschweren, sondern auch schlicht nicht mehr möglich machen.
Wir positionieren uns klar gegen die diskriminierungsförderliche Haushaltspolitik NRWs. Schaut man auf die Bevölkerungszahlen allein in Köln, so besitzen 42,4% aller Einwohnenden einen Migrationshintergrund und als „nichtdeutsch“ (stadt-koeln.de) sei rund jede_r 5. Kölner_in zu bezeichnen. Gerade hier eine solch migrationsfeindliche Politik zu fahren und zu fördern, bedeutet für fast die Hälfte der Bevölkerung ein Schlag ins Gesicht und tritt die demokratischen Werte mit Füßen. Besonders die Geschichte NRWs ist geprägt von Einwanderung und dadurch einhergehendes wirtschaftliches Wachstum (mkjfgfi.nrw). Die neue Haushaltsplanung scheint jegliche Verantwortungsübernahme hinsichtlich der zuvor (z.B.) angeworbenen Fachkräfte von sich zu weisen und wirkt entgegen dem Teilhabe- und Integrationsgesetz NRW.
Besonders betroffen wären auch Programme, die Kinder aus einkommensschwachen oder migrantischen Familien fördern und damit langfristig zu mehr Chancengleichheit beitragen. Der Zugang zu Bildung und sozialen Unterstützungsangeboten ist fundamental für die Integration und Teilhabe aller in unserer Gesellschaft lebender Individuen. Die Kürzungen gefährden diese Möglichkeit, schränken Rechte ein, gefährden die Demokratiebildung unseres Landes und handeln schlichtweg entgegen den Grundsätzen des Sozialstaates der Bundesrepublik Deutschland.
Die geplanten Haushaltskürzungen werden die schon ohnehin kaum zu bewältigenden Herausforderungen hinsichtlich Vereinbarkeit von Familie und Beruf stark verschärfen. Angesichts der stetig wachsenden Hindernisse, wie die finanzielle Belastung durch die unberechenbare Inflation, gepaart mit der derzeitigen politischen Instabilität durch den Ampel-Bruch wird die Bevölkerung in eine lange nicht dagewesene Verunsicherung getrieben. Das Vertrauen in eine verantwortungsvolle Regierungspolitik schwindet zunehmend und führt zu starker Verunsicherung der Menschen (Nordrhein – Westfalens). Geschehnisse, die die Zukunftsängste bei der Bevölkerung auf ein Maximum treiben, die seit Jahren sich dem Gefühl von „eine Krise [folgt] auf die nächste“ nicht entziehen können (siehe bpd.de, Artikel vom 06.11.2024). Solche sogenannten Polykrisen (vgl. Lawrence et al., 2023) führen zur Neubewertung der Politik, oft einhergehend mit Verschiebung politischer Präferenzen und Positionen der Bürger_innen (Gilbert, 2019). Eine Lage, die konservative und rechtsradikale Gruppierungen ausnutzen um u.a. das Narrativ von rassistischen Ideologien als einfache und schnelle Lösung der unbewältigbar wirkenden Krisen zu präsentieren. In solchen Krisensituationen, in der die politische Landschaft zunehmend unwägbarer wird, sind Haushaltskürzungen nur als ein fatales, geradezu zerstörerisches Signal zu bewerten und bedeuten für die Menschen NRWs von der Politik allein gelassen zu werden. Der damit aufkommende negative Stress wird ein erhöhtes Krankheitsrisiko und damit Arbeitsausfall/Krankentage nach sich ziehen, was sich ebenso negativ auf die Geburtenrate und Überlegungen zur Gründung einer Familie auswirken könnte. Ein Bild, welches sich NRW in Zeiten der verheerenden Folgen des demografischen Wandels nicht leisten kann.
Eine stabile soziale Infrastruktur trüge dazu bei, dass junge Menschen sich zu einer Familie entschließen. Eine Gesellschaft, die ihren Bürger_innen nicht genügend Sicherheit und Unterstützung bietet, wird es schwer haben, die demografischen Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Anstatt also an den falschen Stellen zu sparen, sollte NRW in Programme investieren, die Familien und junge Menschen (mit Migrationsgeschichte und People of Color) stärken.
2. Demokratiebildung und gesellschaftlicher Zusammenhalt
Eine der wichtigsten Aufgaben der (kommunalen) Politik sollte es sein, eine demokratische Kultur zu fördern und allen Bürger*innen die Möglichkeit zu geben, sich aktiv an gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen. Die Kürzungen im Bereich der Demokratieförderung und der politischen Bildung gefährden den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Vertrauen in politische Institutionen. Die Kürzungen sind nur der Tropfen auf dem heißen Stein einer bröckelnden Demokratiefassade, hinter der sich die Nordrhein-Westfälische Politik zu
verstecken scheint. Gerade in einer Zeit, in der rechtspopulistische Strömungen und rassistische Ideologien an Einfluss gewinnen, ist es wichtig alle Menschen, besonders junge Personen, für demokratische Werte zu sensibilisieren und in ihrem Glauben an die Regierungsform Demokratie zu festigen.
Demokratiebildung muss für alle zugänglich sein, um das Bewusstsein für die Wichtigkeit von Antirassismus, Antidiskriminierung und sozialer Gerechtigkeit zu stärken. Insbesondere Menschen aus marginalisierten Gruppen benötigen gezielte Programme, die ihnen das Vertrauen in politische Prozesse vermitteln und sie dazu befähigen, aktiv und gleichberechtigt an der Gestaltung der Gesellschaft teilzuhaben.
3. Forderung nach einem inklusiven, gerechten Haushalt
Die geplanten Kürzungen dürfen nicht zu Lasten der am stärksten benachteiligten Gruppen gehen. Stattdessen sollte der Haushalt des Landes NRW so gestaltet werden, dass er die Prinzipien der Antidiskriminierung und Inklusion fördert. Insbesondere müssen Familien, marginalisierte Gemeinschaften und demokratische Bildungsangebote unterstützt werden. Nur so kann NRW eine gerechte, inklusive und zukunftsfähige Gesellschaft werden, die sich aktiv gegen Rassismus und Diskriminierung stellt und allen Menschen die gleichen Chancen auf ein gutes Leben bietet.
Eine Nichtkürzung bzw. Erhöhung ist alternativlos, da es nicht vom „Ehrenamt“ aufgefangen werden kann.
Als Kölner Forum gegen Rassismus und Diskriminierung, welches sich explizit für Antirassismus-Arbeit einsetzt und von der Stadt Köln bis zum heutigen Tage von betroffenen Menschen und Allies für betroffene und für alle Menschen einsetzt, fordern wir, dass die Landesregierung die geplanten Kürzungen überdenkt und stattdessen in die Förderung von Chancengleichheit, sozialer Teilhabe und demokratischer Bildung investiert. Nur durch die Abwendung weg von kurzfristigen Sparmaßnahmen auf dem Rücken derjenigen, die sich am wenigsten wehren können (so scheint es), hin zu langfristig gedachter Stärkung und Stabilisierung, kann die Landesregierung eine Gesellschaft schaffen, in der jede*r unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder sozialer Stellung in vollem Umfang an der Gemeinschaft teilhaben kann.
Fazit
Die geplanten Kürzungen im sozialen Bereich verschärfen die soziale Isolation von benachteiligten Gruppen, welche eine Entfremdung von politischen und gesellschaftlichen Prozessen nach sich ziehen wird. Häufig kann es hier zu Radikalisierung des Einzelnen oder ganzer Gruppen kommen, da politische und gesellschaftliche Randgruppen von populistischen und rassistischen Ideologien als vermeintliche Lösung für ihre Probleme angesprochen werden (vgl. bpd.de Artikel vom 06.11.2024).
Die Unsicherheit und der oben bereits erwähnte auftretende negative Stress, der durch die Kürzungen entsteht, wird das Risiko von psychischen und physischen Erkrankungen deutlich erhöhen. Dies führt zu Krankheitsausfällen und belastet die ohnehin schon stark überlasteten Gesundheitssysteme. Es zeichnet sich jetzt schon eine gesellschaftliche Instabilität ab (vgl. DAK Artikel vom 22.07.2024), die demoralisierend auf die Bevölkerung wirken kann.
Die Kürzungen gefährden ebenso die Zukunftschancen von Familien, insbesondere die, marginalisierter Gruppen. Die Einsparungen sorgen für die Untergrabung einer stabilen und inklusiveren Gesellschaft, welche langfristige und schwerwiegende Folgen für den demografischen Wandel hat und sich auch ganz konkret auf die Wettbewerbsfähigkeit des Bundeslandes NRW auswirkt.
QUELLEN:
https://www.demografie-portal.de/DE/Publikationen/2023/strategie-der-bundesregierung-gegen-einsamkeit.html (13.11.2024 Alter)
https://www.stadt-koeln.de/artikel/61917/index.html (13.11.2024 geschlechtliche und sexuelle Vielfalt)
https://www.land.nrw/pressemitteilung/neues-nrw-datenportal-zu-einwanderung-und-integration-bildungsstatus-und (13.11.2024 Migra und POC)
https://www.it.nrw/armutsgefaehrdung-in-nrw (13.11.2024 Armut)
https://www.rehadat-statistik.de/statistiken/behinderung/regionale-statistiken/nrw-sb/ (13.11.2024 Schwerbehinderung)
https://www.mkjfgfi.nrw/einwanderergruppen (28.11.2024)